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F ür Unternehmen ist Resilienz heute wichtiger denn je. Die jüngsten Krisen - von einer globalen Pandemie und Krieg bis hin zu Naturkatastrophen und logistischen Engpässen – haben gezeigt, dass Störungen in den Ge- schäftsabläufen oftmals plötzlich und unerwartet auftreten. Die Verpackungsindustrie ist nicht immun gegen Krisen. Aber was können die Akteure der Branche tun, um resilienter zu werden und derartige Herausforderungen besser zu meistern? Für Tero Eerikäinen , Ökonom und Spezialist für europäische Verpackungspapiere bei Fastmarkets RISI, sind Unternehmen, die sich schnell an Marktveränderungen anpassen können, sowohl in guten als auch in schlechten Wirtschaftszyklen erfolgreich. Seiner Meinung nach ist Diversifizierung der Schlüssel für die Zukunft: Ein breites Produktportfolio und die Präsenz in meh- reren Regionen erhöhen die Resilienz des Unternehmens und garantieren eine ausreichende Diversifikation. „Die künftigen Regulierungen für Kartonverpackungen wer- den die Unternehmen voraussichtlich noch mehr unter Druck setzen. Deshalb müssen strategische Geschäftsentscheidungen einem belastbaren Geschäftsplan zugrunde liegen, der unter al- len Marktbedingungen eine schnelle Reaktion auf veränderte Bedingungen ermöglicht“, so Eerikäinen. Um in einem unsicheren und sich ständig verändernden Ge- schäftsumfeld erfolgreich zu sein, muss das Unternehmen auf der Kostenseite wettbewerbsfähig bleiben, da die Produktionskapa- zitäten für Karton in naher Zukunft schneller wachsen werden als die Nachfrage, was zu erhöhtem Wettbewerb führen wird. „Darüber hinaus ist Qualität ein wichtiger Wettbewerbsvor- teil, der für eine stabile Nachfrage nach in Europa produziertem Karton gesorgt hat.“ Eerikäinen rechnet auch damit, dass das Thema Nachhaltigkeit in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Die Herkunft der ver- wendeten Materialien und die bei der Kartonherstellung entste- henden Emissionen werden bei Kaufentscheidungen eine grö- ßere Rolle spielen. Wie gut ist Ihr Radar? Laut Nora Kärkkäinen , Vice President, Business Development bei Valona Intelligence, hat die Risikobewertung in der Industrie eine lange Tradition. Trotzdem hat sich gezeigt, dass der Horizont die- ses „Risiko-Radars“ bisweilen zu eingeschränkt sein kann. „Außerdem hat jede Organisation ihre eigenen blinden Fle- cken. Ein Marktführer kann leicht in die sogenannte Kompe- tenzfalle tappen, wenn er sich seiner Sache allzu sicher ist und zu wissen glaubt, was in seiner Branche in Zukunft passieren wird“, sagt Kärkkäinen, der ein Buch über strategische Voraus- sicht mitverfasst hat. Kärkkäinen ist überzeugt, dass die Arbeit mit verschiedenen Szenarien den Unternehmen helfen kann, die Herausforderun- gen des Marktes besser zu meistern. „Die Erstellung von Sze- narien ist eine wichtige Methode, um die Resilienz zu erhöhen
– und seit dem Ende der Corona-Pandemie ist sie beliebter denn je.“ Anne Durchman, Head of Customer Success Ma- nagement, Nordics bei Valona Intelligence, fügt hin- zu, dass Unternehmen gut daran täten, sich im Vorfeld Gedanken über ihre Reaktion auf Krisenszenarien und ihre Reaktionszeiten zu machen: Gibt es genügend Ka- pazitäten, um bei Bedarf schnell handeln zu können? „Und selbst wenn mehrere „Treffer“ gleichzeitig ein- treten, sollten Sie immer noch in der Lage sein zu funk- tionieren.“ Durchman und Kärkkäinen betonen, dass die „Nach- bearbeitung“ von Krisen ebenso wichtig ist: Was haben wir gelernt, und was können wir beim nächsten Mal besser machen? „Der Schlüssel ist ein systematischer Ansatz für den eigenen Risiko-Radar, um zukunftssicherer zu werden“, so Kärkkäinen. Rechnen Sie mit allem Markku Leskelä , Senior Vice President, Development bei Metsä Board erklärt, dass die Erstellung verschie- dener Szenarien ein wichtiges Instrument zur Verbes- serung der Resilienz ist. Das bedeutet eine gründliche Analyse des Geschäftsumfelds, einschließlich Fakto- ren wie Geopolitik, Technologie, Verbrauchertrends, aber auch gesetzgeberischer Entwicklungen. „Die Arbeit mit Szenarien ist Teil unserer kontinuier- lichen Arbeit und wird immer wichtiger“, sagt Leske- lä und betont, dass wir uns auf die schwarzen Schwä-
ne, die überall auf uns lauern, vorbereiten müssen. Sich auf das Unerwartete vorzubereiten bedeutet auch, dass die Flexibilität innerhalb der Organisation zunimmt. „Rückblickend war die Covid-Pandemie wahrschein- lich der schwarze Schwan, mit dem wir alle am wenigs- ten gerechnet hatten“, gibt Leskelä zu. Dennoch scheint die globale Verpackungsindustrie für die Zukunft recht gut aufgestellt zu sein. „Das Be- dürfnis, Dinge zu verpacken, ist schließlich universell.“ Veränderung bietet auch Chancen Dennoch gibt es nach wie vor Probleme wie Überver- packungen, und es gibt noch viel zu tun, zum Beispiel im Bereich des Recyclings. Leskelä weist darauf hin, dass Verpackungen auf Faserbasis stark im Kommen sind und für Akteure wie Metsä Board neue Möglich- keiten bieten. „Wir wollen weiterhin in die richtige Richtung ge- hen und unsere Kunden inspirieren, indem wir ih- nen vor Augen führen, was für Innovationen im Ver- packungsbereich möglich sind.“ Eine faszinierende Triebfeder der Wirtschaft ist derzeit die künstliche Intelligenz (KI). Leskelä ver- rät, dass die Werke von Metsä Board bereits KI in ver- schiedenen Bereichen des Produktionsprozesses ein- setzen, zum Beispiel bei der Qualitätskontrolle: „Mit einer effizienteren Datenverarbeitung funktioniert auch unsere operative Steuerung besser.“ Anu Rehtijärvi , Market Intelligence Manager bei Metsä Board, ist Teil des Entwicklungsteams von Les-
Durch die Arbeit mit verschiedenen Szenarien werden einige der geschäftskritischen Unwägbar- keiten aufgedeckt. So kann für jede Eventualität ein tragfähiger Plan ausgearbeitet werden.
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